Anwenderzufriedenheits-Studie 2020: Der Absturz der IFS

Vor wenigen Tagen wurde die Anwenderzufriedenheits-Studie 2020 der Trovarit AG veröffentlicht. Diese Studie wird seit vielen Jahren durchgeführt und zeigt auf, wie einerseits die ERP Lösungen, andererseits die Partner wahrgenommen werden. Ein aktueller wie auch historischer Vergleich zwischen den Applikationen ist möglich.


Die Lösung IFS Applications hat sich in den letzten Jahren als Konkurrenz zu den «grossen» Applikationen wie SAP, Microsoft Dynamics 365 oder Infor etabliert. Sie wurde als funktionsreich, schlank und benutzerfreundlich verkauft. Für die Kunden besonders attraktiv war der «One Stop Shop Approach». Im Gegensatz zu den Mitbewerbern hat IFS die gleichnamige Lösung selbst hergestellt und implementiert. Auch die Wartungsleistungen werden vom Unternehmen selbst übernommen.


Seit vielen Jahren unterstützt die 2BCS AG ihre Kunden bei der Einführung von ERP Systemen - so konnten viele Erfahrungen gesammelt werden. Die Lösung IFS Applications war Teil zahlreicher Evaluationsprojekte der letzten Jahre. Bei vielen namhaften Unternehmen wie Emhart Glass, Doppelmayr/Garaventa, Maxon und Sunparadise wurde sie erfolgreich eingeführt, bei anderen wie z.B. Uster Technologies sind die Projekte noch im Gange. Allerdings musste die IFS auch einige Niederlagen verdauen.


Zeitliche Entwicklung der Kundenzufriedenheit

Im Zuge der aktuellen Studie hat sich die Beurteilung der Anwenderzufriedenheit mit IFS stark verändert. Im Vergleich zum Jahr 2018 gab es 2020 einen regelrechten Absturz. Ist dieser Absturz eine einmalige Sache oder ein Trend? Die 2BCS AG hat die Anwenderzufriedenheit über die letzten zehn Jahre analysiert und drei Phasen identifiziert:

  • 2010 – 2015: Die Beurteilung war eher schlecht. Die Lösung war nicht reif und die Kunden waren mit IFS als Partner überhaupt nicht zufrieden.
  • 2015 – 2018: Die Lösung wurde um fast zwei Schulnoten deutlich besser beurteilt. Die Zufriedenheit mit dem Partner hat sich ebenfalls stark verbessert.
  • 2020: Die Lösung wurde schlechter, die Partner-Zufriedenheit deutlich schlechter beurteilt.

Wieso ist es zu diesem Absturz gekommen? Ein Blick in den Beratungsalltag der 2BCS AG, insbesondere auf die Einführungen von IFS, könnten hierzu Aufschluss geben.


Gründe für den Absturz in 2020

Aus der Beratungspraxis und den Erfahrungen der 2BCS AG sind folgende Gründe für den Absturz verantwortlich:

  • Änderungen am Geschäftsmodell
    Seit 2018 versucht IFS ein Partner-Eco-System aufzubauen. Dabei bietet IFS primär die Lösung an, die Partner die entsprechenden Dienstleistungen. Einige Firmen aus Zentraleuropa (z. B. Bytics oder Eqeep) haben sich als ganzheitliche Lösungspartner etabliert. Diese Trennung und ihre Folgen wie beispielsweise neue Ansprechpartner, kein direkter Zugang zur Entwicklung oder fehlende Skills haben einige IFS Kunden aufgeschreckt. Hinzu kommen ausserdem die unterschiedlichen Interessen der Projektbeteiligten – IFS will Lizenzen und Wartung, die Partner ihre Dienstleistungen verkaufen.
  • Wachstum der IFS und des Cloud-Geschäftes
    Der Umsatz der IFS ist jährlich um 25 % gestiegen. Personalbestand und Know-how konnten damit nicht schritthalten. So wurden viele neue Berater ohne ausgedehnte IFS Erfahrung eingestellt, die den Erwartungen der Kunden nicht immer gerecht werden konnten. Auch das Cloud-Geschäft verzeichnete ein deutliches Wachstum. Rund 50 % der IFS-Neuabschlüsse wurden als Cloud- und nicht als «On Premise» Lösung verkauft. Andere grosse ERP Implementierer wie SAP oder Microsoft blicken hier im Gegensatz zu IFS auf langjährige Erfahrungen zurück. Das Wachstum und die damit verbundenen, neuen Herausforderungen führen zu Problemen wie fehlenden Ressourcen, zu wenig Know-how, verlorengegangener Kundenfokus (siehe hierzu Kommentar von Wilfried Gschneidinger) und eine mangelhafte Führung. Die Endkunden spüren dies und strafen IFS mit einer ungenügenden Beurteilung ab.
  • Aurena
    Vor über zwei Jahren kündigte IFS die neuartige Oberfläche Aurena an. Durch eine bessere Handhabung und Mobilität sollte eine neue User Experience geschaffen werden. Und obwohl die neue Oberfläche in den Vertriebsgesprächen hoch angepriesen wurde, gibt es aktuell in Zentraleuropa nur sehr wenige Berater mit Aurena-Erfahrung. Die uns bekannten Projekte wurden stets ohne Aurena eingeführt – weil das Know-how scheinbar nicht vorhanden ist.
  • Imagewechsel – weg vom Newcomer
    Bis vor wenigen Jahren hatte IFS ein «Outsider-Image», war eine mutige Alternative zu Mainstream-Applikationen. Seit einigen Jahren versucht sich das Unternehmen jedoch als gleichwertigen Mitbewerber zu SAP zu positionieren. Der Newcomer-Image ist weg. Die Erwartungen an IFS als Lösung und Partner sind dadurch gestiegen.

Neben diesen haben sicherlich noch weitere Gründe die Anwenderzufriedenheit der IFS deutlich negativ beeinflusst. Verbessern lässt sich diese unserer Meinung nach am einfachsten, wenn sowohl die Ressourcen als auch die Skills von Beratern und dem Cloud-Team schnell und nachhaltig erweitert werden.


Wer ist die 2BCS AG?

Die 2BCS AG wurde im Jahr 2006 als prozessorientierte, unabhängige Beratungsgesellschaft für Digitalisierung mit Sitz in St. Gallen und Zürich gegründet. Dr. Martin Brogli ist alleiniger Inhaber. Die 2BCS AG erstellt Applikationsstrategien, führt Evaluationen im ERP-, CRM- und MES-Umfeld durch und bietet Einführungsdienstleistungen an. Bis heute wurden über 250 mittelständische Industrie- und Handelsunternehmen in der Schweiz und im Ausland beraten. Gemäss NZZ ist die 2BCS AG die grösste und erfolgreichste unabhängige Evaluations- und Einführungsberatungsfirma der Schweiz. Das Erfolgsgeheimnis sind kompetente Berater und die Umsetzung von Wissen, Erfahrungen und Fähigkeiten zugunsten der Kunden.

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